Witten/EN-Kreis. Jedes Jahr am 11. Februar (11.2.) machen die Staaten der Europäischen Union auf die Bedeutung der europaweiten Notrufnummer 112 aufmerksam. Der sogenannte „Tag des Notrufs“ wurde 2009 ins Leben gerufen, um die Bürgerinnen und Bürger darauf hinzuweisen, dass sie in ganz Europa unter der 112 schnelle Hilfe von Feuerwehr, Rettungsdienst oder Polizei erhalten – ohne Vorwahl und kostenfrei.
Seit ihrer Einführung im Jahr 1991 hat sich die 112 als einheitliche Notrufnummer bewährt. Dennoch zeigte eine Umfrage der Europäischen Kommission im Jahr 2008, dass viele Menschen sich der Möglichkeit, 112 EU-weit zu nutzen, nicht bewusst waren. Der Aktionstag soll dieses Bewusstsein stärken. Die Notrufnummer ist mittlerweile nicht nur in den 27 EU-Mitgliedstaaten, sondern auch in Ländern wie der Schweiz, Großbritannien oder Norwegen verfügbar. Selbst in den USA und Südafrika kann man unter der 112 Hilfe rufen.
112 im Ennepe-Ruhr-Kreis: Rettung in Sekundenschnelle
Ob Verkehrsunfall, Herzinfarkt oder Wohnungsbrand – wer im Ennepe-Ruhr-Kreis die 112 wählt, landet in der Leitstelle im Schwelmer Kreishaus. Hier koordinieren 34 erfahrene Disponenten Feuerwehr-, Rettungs- und Katastrophenschutzeinsätze in den neun Städten des Kreises. Im Jahr 2024 gingen dort rund 78.500 Notrufe über die 112 ein – eine Zahl, die verdeutlicht, wie essenziell die Notrufnummer für die Region ist.
Die Leitstelle arbeitet mit einer strukturierten Notrufabfrage: Der Disponent führt das Gespräch aktiv und stellt gezielte Fragen, um möglichst schnell die richtigen Einsatzkräfte zu alarmieren. Unterstützt wird dieser Prozess durch spezielle Software, die anhand der Antworten automatisch den passenden Rettungseinsatz vorschlägt. Sobald Ort und Art des Notfalls geklärt sind, werden die Einsatzkräfte parallel zum Gespräch alarmiert – wertvolle Sekunden, die Leben retten können.
Um Missbrauch zu verhindern, weist die Leitstelle ausdrücklich darauf hin, dass ein Fehl- oder Scherznotruf nicht nur Ressourcen blockiert, sondern auch lebensgefährliche Folgen haben kann. Wer nach einem Notruf auf Rückfragen vorbereitet ist und die Rettungskräfte an der Straße erwartet, hilft entscheidend mit, die Hilfe so schnell wie möglich an den richtigen Ort zu bringen.
Ein tragischer Unfall als Wendepunkt in Deutschland
Die Einführung der bundesweiten Notrufnummern 110 (Polizei) und 112 (Feuerwehr und Rettungsdienst) in Deutschland geht auf eine tragische Geschichte zurück. Am 20. September 1973 beschlossen Bundeskanzler Willy Brandt und die Ministerpräsidenten der Länder die Einführung der einheitlichen Notrufnummern, nachdem sich in den Jahren zuvor dramatische Fälle ereignet hatten, in denen Hilfe zu spät kam.
Ein besonders erschütternder Vorfall war der Tod des achtjährigen Björn Steiger aus Winnenden im Jahr 1969. Nach einem Autounfall brauchte der Krankenwagen fast eine Stunde zum Einsatzort, da es keine zentrale Notrufnummer gab. Der Junge starb nicht an seinen Verletzungen, sondern an einem Schock. Seine Eltern, Ute und Siegfried Steiger, machten es sich daraufhin zur Aufgabe, das deutsche Rettungssystem zu revolutionieren. Sie gründeten die Björn-Steiger-Stiftung, die sich für die Einführung bundesweiter Notrufnummern sowie für den Aufbau eines funktionierenden Rettungsdienstes einsetzte.
Willy Brandt erkannte die Dringlichkeit der Forderungen und setzte sich für eine schnelle Umsetzung ein. Der Beschluss von 1973 war ein Meilenstein: Er bedeutete, dass jeder in Deutschland unabhängig von Wohnort oder Stadtgröße mit nur einer Nummer Hilfe holen konnte.
Die 112 in Europa: Ein Schritt zur Vereinheitlichung
Während Deutschland schon in den 1970er-Jahren eine zentrale Notrufnummer einführte, gab es in vielen europäischen Ländern lange Zeit unterschiedliche Systeme. Erst 1991 führte die Europäische Union die 112 als einheitliche Notrufnummer ein, die in allen Mitgliedstaaten funktioniert. Ziel war es, insbesondere Reisenden die Sicherheit zu geben, in jeder EU-Region mit einer einheitlichen Nummer Hilfe rufen zu können.
Eine Umfrage der Europäischen Kommission aus dem Jahr 2008 zeigte jedoch, dass nur 22 % der EU-Bürger wussten, dass die 112 in ganz Europa funktioniert. Um diese Lücke zu schließen, wurde 2009 der „Tag des Notrufs“ ins Leben gerufen.
Respekt für Einsatzkräfte: Ein Appell an die Gesellschaft
Die Notrufnummer 112 ist ein Symbol für schnelle und professionelle Hilfe in Notlagen. Doch leider werden Rettungskräfte immer häufiger behindert oder sogar angegriffen – sei es durch Gaffer an Unfallstellen oder respektloses Verhalten gegenüber Sanitätern und Feuerwehrleuten.
Das Bundesministerium des Innern hat daher die Kampagne „Zusammen für mehr Respekt“ gestartet. Sie soll das Bewusstsein für die wichtige Arbeit der Einsatzkräfte stärken und verdeutlichen, wie entscheidend gegenseitige Rücksichtnahme im Notfall ist.
Fazit: Eine Nummer, die Leben rettet
Ob in Deutschland oder in Europa – die Notrufnummer 112 steht für schnelle Hilfe in kritischen Situationen. Der 11. Februar erinnert uns daran, wie wichtig es ist, dieses System zu kennen und verantwortungsbewusst zu nutzen. Gleichzeitig sollte der Tag auch ein Zeichen der Wertschätzung für die Menschen sein, die täglich Leben retten – oft unter schwierigen Bedingungen und mit vollem Einsatz.