Stationsbericht 2024: Luft nach oben, aber solide Basis

Witten-Stockum. Wer am ehemaligen Bahnhof Witten-Stockum auf den Zug wartet, wartet vergebens. Die Per­sonen­be­förder­ung wurde dort bereits in den späten 1970er-Jahren eingestellt. Stattdessen beleben zahlreiche Radfahrer den beliebten Radweg Rheinischer Esel. Die Stockumer selbst weichen auf die umliegenden Bahnhöfe aus: Witten-Annen, Dortmund-Kley und -Oespel, Bochum-Langendreer sowie natürlich den Wittener Hauptbahnhof. Wie diese Stationen im aktuellen Stationsbericht 2024 des Verkehrsverbunds Rhein-Ruhr (VRR) abschneiden, wurde nun durch VRR-Profitester*innen ermittelt. Die Ergebnisse sind mitunter überraschend.

Zugang zur Station Witten-Annen Nord im Februar 2023. (Foto: M. Schirmer)
Zugang zur Station Witten-Annen Nord im Februar 2023. (Archivfoto: M. Schirmer)

Aufenthaltsqualität: Verbesserungspotenzial bleibt

Die Aufenthaltsqualität wurde an vielen Bahnhöfen als verbesserungswürdig eingestuft. Bochum-Langendreer, Dortmund-Kley, Dortmund-Oespel und der Wittener Hauptbahnhof erhielten die Note 3 von 4. Witten-Annen schnitt mit einer 2 etwas besser ab, doch fragwürdig bleibt, wie der feuchte Tunnel mit seinem markanten Uringeruch in die Bewertung eingeflossen ist.

Fahrgastinformationen: Gute Technik, aber nicht überall

In der Kategorie Fahrgastinformationen wurde allen Bahnhöfen in der Region eine 2 von 4 attestiert. Diese Einstufung verwundert, denn moderne Fahrkartenautomaten mit integrierten Displays bieten oft schon vor dem Bahnsteig Informationen zu Abfahrten und Verspätungen. Doch nicht alle Stationen verfügen über diese Technik: In Annen beispielsweise muss erst der Bahnsteig über Treppen erreicht werden, bevor ersichtlich wird, ob eine S-Bahn ausfällt. Wer keine VRR-App nutzt, bleibt mitunter im Ungewissen.

S-Bahn-Station Witten-Annen Nord. (Archivfoto: M. Schirmer)
S-Bahn-Station Witten-Annen Nord. (Archivfoto: M. Schirmer)

Barrierefreiheit: Licht und Schatten

Beim Thema Barrierefreiheit schneidet Witten-Annen am schlechtesten ab, da ein Aufzug oder eine Rampe fehlt. Der Hauptbahnhof Witten erhielt dagegen die Bestnote. Auch Kley, Langendreer und Oespel wurden mit einer 2 bewertet, doch die Kriterien für diese Einstufung bleiben unklar. Immerhin: Laut VRR-Profitester*innen sind mittlerweile 90 Prozent der Fahrgäste im Verbundraum in der Lage, ihre Gleise stufenfrei zu erreichen. Eine Bahnsteighöhe von 76 Zentimetern erleichtert zudem den niveaugleichen Einstieg oder die Nutzung fahrzeuggebundener Einstiegshilfen.

Fahrgastzahlen: Witten als starker Knotenpunkt

Der Bericht liefert zudem aufschlussreiche Zahlen über die Fahrgastfrequenz: Witten Hauptbahnhof zählt täglich 7.189 Ein- und Aussteiger. Bochum-Langendreer verzeichnet 3.263, Dortmund-Kley 2.182 und Dortmund-Oespel 1.946. In Witten-Annen nutzen 1.471 Fahrgäste täglich die Bahn.

Witten Hautbahnhof 2023 (Archivfoto: M. Schirmer)
Witten Hautbahnhof 2023 (Archivfoto: M. Schirmer)

Positive Ausnahmen: Die Vorzeige-Bahnhöfe

Bahnhöfe mit Bestnoten befinden sich hauptsächlich am Niederrhein: Aldekerk, Bedburg-Hau, Kaarst, Kempen und Kevelaer sowie in der Region Mettmann mit Erkrath Nord, Mettmann Stadtwald und Neanderthal. Auch Dorsten-Deuten konnte Bestbewertungen erzielen.

Entwicklungen im VRR-Gebiet: Ein gemischtes Bild

Insgesamt verzeichnet der VRR in seinem Stationsbericht eine Verschlechterung der Zustände an kleinen und mittleren Bahnhöfen. Während 2023 noch 56,7 Prozent der 296 Stationen als “ordentlich” oder “ausgezeichnet” galten, sind es 2024 nur noch 52,36 Prozent. Der Anteil an Bahnhöfen mit deutlichem Verbesserungsbedarf ist auf 47,64 Prozent gestiegen – ein alarmierender Rückschritt um 4,4 Prozentpunkte.

Fazit: Fortschritte, aber auch neue Herausforderungen

Der VRR investiert weiterhin massiv in den barrierefreien Ausbau und die Verbesserung der Infrastruktur, doch insbesondere kleine und mittlere Bahnhöfe geraten ins Hintertreffen. Neben technischen Verbesserungen wie moderneren Fahrgastinformationssystemen sind es vor allem Sauberkeit und Instandhaltung, die zu einer besseren Aufenthaltsqualität beitragen könnten. Oliver Wittke, Vorstandssprecher des VRR, betont:

“Die Eisenbahninfrastrukturunternehmen sollten ihre Reinigungsintervalle verkürzen, Graffiti häufiger entfernen und Schäden schneller ausbessern.”

Der Stationsbericht 2024 zeigt: Viele große Bahnhöfe sind gut aufgestellt, doch an kleineren Haltepunkten bleibt viel zu tun, um den Schienenpersonennahverkehr für alle Fahrgäste attraktiver zu machen.