Tagesbruch: Spätfolgen des Bergbaus im Flöz Mausegatt

Witten. Tief unter der Erde schlummert die bergbauliche Vergangenheit des Ruhrgebiets, Tagesbrüche erinnern uns an diese. Mitte Februar sackte auf einem Acker zwischen Am Katteloh, Mühlenstraße und Dürener Straße die Erde erneut ab. Die Absenkung hat die Masse von rund sechs mal vier Metern und eine Tiefe von etwa zwei Metern, teilt Sprecher des Essener Energiekonzern E.ON mit. Erste Untersuchungen deuten auf Altbergbau als Ursache hin. E.ON ist Rechtsnachfolger der ehemaligen Vereinigte Elektrizitäts- und Bergwerks AG (VEBA), die für Bergwerksstollen verantwortlich ist, die vor der Gründung der Ruhrkohle AG (RAG) im Jahr 1968 stillgelegt wurden und daher nicht in die RAG eingegangen sind.

Erkundung und Sicherungsmaßnahmen eingeleitet

Nach Sichtung historischer Karten bestätigte sich der Verdacht: Die Kleinzeche “Am Katteloh” hatte in den 1950er-Jahren im Flöz Mausegatt nahe der Erdoberfläche Kohle abgebaut. Der Betrieb war Teil einer Ära des regionalen Bergbaus, in der zahlreiche kleinere Zechen entstanden, um den Bedarf an Brennstoff für Haushalte und Industrie zu decken. Die Abbautätigkeiten an diesem Standort endeten 1958, ein Jahr vor der Schließung der Zeche.

Tagesbruch an der Mühlenstraße in Witten-Düren. (Foto: M. Schirmer)
Tagesbruch an der Mühlenstraße in Witten-Düren. (Foto: M. Schirmer)

Angesichts der akuten Einsturzgefahr wurden umgehend bergbauliche Erkundungs- und Sicherungsarbeiten eingeleitet. Die Fachfirma Keller Grundbau GmbH führt die Sanierungsmaßnahmen durch, begleitet von der DMT GmbH & Co. KG als geotechnischer Gutachter. Derzeit wird mit einer Bauzeit von vier bis sechs Wochen gerechnet, deren Dauer jedoch vom genauen Zustand der unterirdischen Strukturen abhängt.

Das Flöz Mausegatt: Ein Relikt des Bergbaus

Wie alle Flöze entstand auch Mausegatt durch geologische Prozesse über Millionen von Jahren und erstreckt sich als horizontale Schicht innerhalb der Erdformationen. Solche Abbaustrukturen bergen langfristige Risiken: Wird der unterirdische Hohlraum nicht ausreichend gesichert, kann es durch das Nachsacken des Deckgebirges zu Tagesbrüchen kommen. Diese Phänomene treten oft Jahrzehnte nach Stilllegung eines Bergwerks auf, wenn sich das Erdreich allmählich setzt und einbricht.

Zeche “Am Katteloh”

Die Zeche „Am Katteloh“ wurde 1954 nahe dem Bauernhof Große-Oetringhaus gegründet und betrieb drei Schächte: Katteloh I, II und III. Zeitweise waren dort bis zu 250 Bergleute beschäftigt. Neben den wirtschaftlichen Erfolgen geriet die Zeche auch durch ein spektakuläres Verbrechen in die Schlagzeilen: 1955 ereignete sich dort der sogenannte „große Lohngeldraub“, bei dem unbekannte Täter den Monatslohn der Belegschaft in Höhe von mehr als 35.000 DM erbeuteten. Die Zeche wurde schließlich 1959 stillgelegt, schreibt Karoline Robbert auf der Homepage der Heimatfreunde Stockum/Düren.

Neben „Am Katteloh“ waren auch andere Kleinzechen in der Region aktiv. So wurde etwa auf der Zeche Ringeltaube II, gelegen zwischen Düren und Schulte-Steinberg, im Schichtbetrieb Kohle gefördert. Flöze wie „Mausegatt“, „Kreftenscheer“ und „Finefrau-Nebenbank“ galten als ergiebig, doch die Sicherheitsvorkehrungen entsprachen oft nicht modernen Standards.

Erinnerung an den Bergbau bleibt lebendig

Der aktuelle Tagesbruch in Witten ist ein eindrucksvolles Beispiel dafür, dass die Vergangenheit des Bergbaus bis heute nachwirkt. Er mahnt zur fortlaufenden Sicherung früherer Abbaugebiete und erinnert daran, dass die industrielle Geschichte des Ruhrgebiets tief in der Landschaft verwurzelt ist – im wahrsten Sinne des Wortes.

Heimatfreunde Stockum/Düren bewahren die Geschichte

Ein Verein, der sich besonders um die Dokumentation und Vermittlung der regionalen Geschichte verdient macht, sind die Heimatfreunde Stockum/Düren. Mit viel Engagement erforschen sie die Vergangenheit des Stadtteils, sammeln historische Dokumente und berichten über vergangene Ereignisse, um u.a. auch die Erinnerung an die Bergbauvergangenheit lebendig zu halten. Durch ihre Arbeit tragen sie dazu bei, das kulturelle Erbe der Region zu bewahren und nachfolgenden Generationen zugänglich zu machen.