Bürgerrat Bildung: Kita-Pflicht, Noten erst ab Klasse 9, Hausaufgaben abschaffen

Bildung neu denken: Bürgerrat präsentiert 19 wegweisende Empfehlungen zur Reform des deutschen Bildungssystems

Zum Internationalen Tag der Bildung (24. Januar) setzt der Bürgerrat Bildung und Lernen ein starkes Zeichen: Mit 19 fundierten Empfehlungen fordert das Gremium weitreichende Reformen, um das deutsche Bildungssystem zukunftsfähig zu machen und Chancengerechtigkeit nachhaltig zu fördern. Die Vorschläge sind das Ergebnis intensiver Diskussionen von Bürgerinnen und Bürgern aus allen Teilen der Gesellschaft – ein wichtiger Schritt hin zu mehr Mitbestimmung und lebensnaher Bildung.

Ein umfassender Blick auf die Bildungskette

Von der frühkindlichen bis zur beruflichen Bildung – der Bürgerrat nahm die gesamte Bildungskette in den Fokus. Dabei stand die Frage im Zentrum:

Wie viel Freiheit braucht das Lernen?

Die Antworten sind vielfältig, aber klar: Bildungseinrichtungen benötigen mehr Gestaltungsspielraum, während Kinder und Jugendliche aktiver in den Lernprozess eingebunden werden sollen.

Revolutionäre Vorschläge: Notenfreiheit und Vertiefungsstunden

Besonders hervorzuheben sind die Empfehlungen für allgemeinbildende Schulen. Mit einer deutlichen Mehrheit (77 %) plädiert der Bürgerrat dafür, Noten erst ab der neunten Klasse einzuführen. Stattdessen soll individuelles Lern-Feedback in den Fokus rücken. Zudem könnten Hausaufgaben durch sogenannte “Vertiefungsstunden” ersetzt werden – ein Vorschlag, der mit 71 % Zustimmung ebenfalls breite Unterstützung fand. Ziel dieser Maßnahmen ist es, Lernfreiheit und Verantwortungsbewusstsein zu stärken und gleichzeitig Chancengerechtigkeit zu fördern.

Frühkindliche Bildung: Mehr Mitbestimmung und Kita-Pflicht

Auch der frühkindliche Bereich steht im Zentrum der Empfehlungen. Der Bürgerrat spricht sich für eine zweijährige Kita-Pflicht aus, die von 88 % der Teilnehmenden unterstützt wird. Gute Sprachkenntnisse und soziale Interaktion in den letzten beiden Jahren vor der Einschulung sollen als Fundament für den weiteren Bildungsweg dienen. Ebenso fordert das Gremium mehr Mitbestimmungsmöglichkeiten für Kita-Kinder, ein Vorschlag, der 67 % Zustimmung erhielt.

Berufsbildung: Chancen für alle Jugendlichen

Die berufliche Bildung wurde ebenfalls umfassend beleuchtet. Fast einstimmig (96 %) sprachen sich die Mitglieder für flächendeckende Berufsorientierungswochen aus. Jugendlichen ohne Schulabschluss sollen bessere Perspektiven geboten werden, ein Anliegen, das von 88 % der Teilnehmenden befürwortet wurde.

Ein Meilenstein der Bürgerbeteiligung

Die Vorschläge sind das Ergebnis intensiver Debatten und Abstimmungen. Rund 120 Bürgerratsmitglieder, darunter 20 Jugendliche des Jungen Bürgerrats, trafen sich im November 2024 in Leipzig, um die Empfehlungen zu finalisieren. Dabei wurde leidenschaftlich, aber stets respektvoll diskutiert.

Sabirya Ekinci, eine langjährige Teilnehmerin, betonte:

„Wir können stolz auf das sein, was wir gemeinsam erreicht haben. Es war nicht immer einfach, aber wir haben etwas entwickelt, das wirklich Substanz hat.“

Ein Beitrag zur Demokratie und ein Appell an die Politik

Der Bürgerrat Bildung und Lernen, initiiert von der Montag Stiftung Denkwerkstatt, ist ein Beispiel für gelebte Demokratie. Er zeigt, wie engagierte Bürgerinnen und Bürger gemeinsam innovative Ideen entwickeln können.

Projektleiterin Sabine Milowan betont:

„Unsere Arbeit versteht sich als Beitrag zu einer lebendigen Demokratie. Jetzt ist die Politik gefragt, diese Impulse aufzunehmen.“

Die Empfehlungen werden in den kommenden Wochen an Kultus- und Bildungsministerien übergeben. Eine Abschlusskonferenz im Jahr 2025 soll den Reformprozess weiter vorantreiben.

Wer ist der Bürgerrat Bildung und Lernen?

Der Bürgerrat Bildung und Lernen ist ein innovatives Beteiligungsformat, das Bürgerinnen und Bürger direkt in den bildungspolitischen Diskurs einbindet. Die Mitglieder des Bürgerrats repräsentieren einen Querschnitt der Gesellschaft und bringen ihre individuellen Erfahrungen und Perspektiven aus dem Bildungsalltag ein. Ziel ist es, durch die Zusammenarbeit von Schülerinnen und Schülern, Eltern, Lehrkräften, Auszubildenden, Studierenden und anderen Akteuren ein breites Meinungsbild zu erhalten und gemeinschaftliche Lösungsansätze zu entwickeln. Durch diese Form der Bürgerbeteiligung sollen praxisnahe Empfehlungen erarbeitet werden, die als Grundlage für politische Entscheidungen dienen und die Akzeptanz in der Gesellschaft fördern.

Die Stiftungen hinter dem Bürgerrat

Hinter dem Bürgerrat Bildung und Lernen steht die Montag Stiftungsgruppe mit ihrer Dachorganisation, der Carl Richard Montag Förderstiftung. Diese Stiftung sichert die wirtschaftliche Unabhängigkeit der Gruppe und setzt sich für eine strategische und inhaltliche Weiterentwicklung der Projekte ein. Die Montag Stiftung Denkwerkstatt agiert als Kompetenzzentrum und Impulsgeberin innerhalb der Stiftungsgruppe. Sie identifiziert relevante gesellschaftliche Themen und unterstützt die operativen Stiftungen bei der Entwicklung und Umsetzung von Projekten, die sich an den Grundwerten der Gruppe orientieren. Die Carl Richard Montag Förderstiftung garantiert zudem, dass alle Initiativen im Einklang mit den ethischen Leitlinien des Stifters durchgeführt werden. Mit dieser starken institutionellen Basis schafft die Stiftungsgruppe stabile Rahmenbedingungen, um langfristig die Bildungschancen in Deutschland zu verbessern.

Fazit: Ein mutiger Schritt in die Zukunft

Mit seinen wegweisenden Empfehlungen bietet der Bürgerrat Bildung und Lernen eine konkrete Vision für ein gerechteres und zeitgemäßes Bildungssystem. Die Vorschläge haben das Potenzial, Bildung in Deutschland nachhaltig zu verändern – vorausgesetzt, die Politik nimmt diese Impulse ernst.

Die zentrale Botschaft lautet: Bildung ist ein gemeinschaftlicher Prozess, der die Beteiligung aller erfordert. Nun liegt es an der Politik, die Weichen für eine gerechtere Zukunft zu stellen.

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