Witten. Der Regionalverband Ruhr hat eine Entwurfsfassung eines neuen Regionalplans für das ganze Ruhrgebiet vorbereitet. In die Entwurfsfassung des Regionalplans wurde eine Fläche in Witten-Stockum eingezeichnet, die heute noch landwirtschaftlich genutzt wird. Eine Ackerfläche im Vöckenberg soll in einen so genannten „Bereich für gewerbliche und industrielle Nutzungen“ (GIB) umgewandelt werden. Bürger aber auch die Stadtverwaltung können eine eigene Stellungnahme zum Regionalplan noch bis zum 1. März beim RVR abgeben. Seit Wochen beschäftigt der Plan auch das Wittener Planungsamt und die Politik. Der Ausschuss für Arbeit, Wirtschaft, Standortmarketing und Feuerschutz und der Ausschuss für Stadtentwicklung und Umweltschutz tagten am Donnerstag (24.1.) gemeinsam und stimmten über mehrere Änderungsanträge zur Stellungnahme der Stadt Witten ab. Der Regionalplan wird am Montag (04.02.) den Rat beschäftigen.
Die Abstimmung am Donnerstag verwunderte die Anwesenden, der Ausschuss für Umweltschutz stimmte dafür, dass die Stadt Witten in ihrer Stellungnahme Vöckenberg nicht erwähnt. Es ist gleichbedeutend mit der Befürwortung eines Gewerbegebietes im Vöckenberg. Der Ausschuss für Wirtschaft stimmte für die Erweiterung der städtischen Stellungnahme um eine Ablehnung des „Bereichs für gewerbliche und industrielle Nutzungen“ im Vöckenberg.
„Sehr überraschend“ empfand das Abstimmverhalten der Wittener Politiker Christina Herbers, erste Beisitzerin im Verein „Stockum wehrt sich“. Vor der Sitzung demonstriere sie mit vielen Stockumern gegen das Gewerbegebiet, während der Sitzung verfolgte sie die Aussagen der Politiker im Ratssaal.
„Es war für mich nicht zu erwarten, dass sich genau das abzeichnet. Ich hätte das – wenn überhaupt – andersrum vermutet.“
Auch SPD-Ratsherr Walter Sander findet die Situation:
„Irgendwie paradox – man hätte es andersherum erwarten müssen.“
Stefan Borggraefe (Piraten Fraktion) spricht von einer „knappen Sache“:
„Der eine Ausschuss hat die Empfehlung an den Stadtrat gegeben für das Gewerbegebiet zu stimmen und der andere für den Erhalt der Natur. Das zeigt wie gespalten die Politik in Witten ist und wie knapp das ist. Es wird jetzt spendend bis zur Ratssitzung.“
Doch was können die Befürworter der grünen Landschaft im Vöckenberg noch tun?
Christina Herbers glaubt noch mit größerer Mobilisierung etwas erreichen zu können
„Ich bin umso glücklicher, dass sich der Wirtschaftsausschuss jetzt dagegen entschieden hat. So, dass ich glaube auf der Umweltseite können wir noch etwas machen. Jetzt mobilisieren wir und machen einfach klar, dass wir den Boden brauchen, dass wir mit dem Boden – in unserer direkten Umgebung – Nahrungsmittel herstellen können, dass wir den Grüngürtel erhalten, also eine qualitativ hohe Luft erhalten bleibt und wir einfach nachhaltig und Verantwortungsvoll diesen Weg weiter gehen.
Wir werden mobilisieren. Am liebsten wäre mir eine Zeltstadt. Aber ich gehe davon aus, dass wir durch die heutige Aktion und durch das Mobilisieren über Flyer, über Infoveranstaltungen Menschen dazu bewegen können auf die Straße zu gehen, um die Ratsmitglieder weiter in unsere Richtung zu bekommen.“
Christina Herbers
Über drei Anträge der Wittener Fraktionen durften die Ausschussmitglieder am Donnerstag abstimmen, nur der Antrag der Stockumer SPD-Ratsleute Dr. Birte Güting und Walter Sander erhielt ausreichend viel Stimmen. Auch Walter Sander will für seine Position weiter kämpfen:
„Der Ausschuss für Wirtschaftsförderung hat sich gegen dieses Gebiet am Vöckenberg ausgesprochen. Das ist ein positives Signal. Entschieden wird letzten Endes im Rat. Dann müssen wir abwarten, wie die Diskussion sich da weiterentwickelt. Wir werden für unsere Position kämpfen. Alle Gremien sind darüber informiert. Die werden in der Zeitung lesen, wie der eine Ausschuss entschieden hat, wie der andere Ausschuss entschieden hat und man wir das diskutieren. Die Argumente, die wir da angebracht haben, Argumente für die Verantwortung für Klima, für Böden, für die Zukunft, die sind meines Erachtens so entscheiden, dass vielleicht manche jetzt auch noch intensiver darüber nachdenken und sich vielleicht für unsere Version aussprechen werden. Wir werden unsere Argumente im Haupt- und Finanzausschuss und im Rat vorstellen und hoffen, dass wir Synergien haben und letzten Endes auch die Mehrheit bekommen. Es geht nicht gegen die Stellungnahme der Stadt Witten, es geht um diese Fläche, die für die ganze Stadt Witten von Wichtigkeit ist.“
Walter Sander (SPD)
Der Antrag der Fraktionen „Bürgerforum, Piraten und WBG“ und ein weiterer Antrag der Fraktion „Die Linke“ ist mit 6 Für- und 7 Gegenstimmen bei zwei Enthaltung im Wirtschaftsausschuss gescheitert. Alle diese Fraktionen wollte die Stellungnahme der Stadt Witten ergänzt sehen, um eine Ablehnung der Gewerbefläche im Vöckenberg. Stefan Borggraefe von der Piraten-Fraktion glaubt noch das Ruder herumdrehen zu können, so dass die nächste Abstimmung anders ausfällt:
„Es war sehr knapp. Wir werden jetzt bis zur Ratssitzung – wo die entscheidende Abstimmung stattfindet – mit einzelnen Ratsmitgliedern sprechen. Zum Beispiel Witten Direkt hat sich am Donnerstag enthalten. Da werden wir draufzugehen. Auch mit einzelnen SPD-Ratsmitgliedern werde ich sprechen. Die SPD ist in sich gespalten. Ich weiß persönlich wem der Umweltschutz am Herzen liegt. Mal sehen was da noch geht. Ich hoffe, dass es bis zur Ratssitzung nur noch einen Änderungsantrag gibt, dass sich quasi alle die heute einen Änderungsantrag gegen die Bebauung des Vöckenbergs gestellt haben, auf einen Antrag einigen können. So wie die Ausschusssitzung heute gelaufen ist, sehe ich eine Chance für die Mehrheit.“
Stefan Borggraefe (Piraten-Fraktion)