Ev. Gemeinde lädt zur „Offenen Kirche“ ein

Witten-Stockum. Nach zweieinhalb Monaten ist die evangelische Kirche wieder geöffnet, allerdings sieht die ganze Kirche wie ein Verkehrsübungsplatz aus. Einbahnstraßenschilder lenken die Besucher um die Bänke herum, die Sitzplätze sind gekennzeichnet.

Aletta Dahlhaus, Pfarrerin in Witten Stockum, die evangelische Kirche musste sich vorbereiten, jetzt geht es los. Was müssen sie alles machen, um die Kirche öffnen zu dürfen?

Dahlhaus: Wir mussten ein umfangreiches Schutzkonzept erarbeiten. Dazu gehört, dass wir auf die Abstände achten, dass wir die Kontaktdaten der Besucherinnen und Besucher aufnehmen, Hände desinfizieren – unsere eigenen und die der Besucher natürlich. Wir haben ein Einbahnstraßensystem, deswegen die Einbahnstraßenschilder. Wir haben markierte Plätze, denn wir dürfen nicht mehr als 22 Besucherinnen und Besucher in der Kirche haben. Gleichzeitig müssen wir dafür sorgen, dass gut gelüftet wird und die Daten aufgenommen werden, falls es mal zu Infektionen kommt, dass man alle informieren kann, die davon vielleicht betroffen wären. Das sind so im groben die Maßnahmen, die wir treffen. Das wichtigste und schmerzhaftes ist natürlich, dass wir nicht singen dürfen.

Das mit dem Singen, das tut ihnen – glaube ich – am meisten weh?

Dahlhaus: Das ist so. Ich bin eigentlich gelernte Kirchenmusikerin, aber wegen der Aerosole – die Viren transportieren können – ist eben singen nicht angezeigt, deswegen müssen wir leider auf Bläser und auch auf den Chor im Moment verzichten und dürfen auch als Gemeinde nicht singen. Wir könnten solistischen Vortrag haben aber das ist auch im Moment leider das einzige. Wir wollten mit der „Offenen Kirche“ wenigstens die Möglichkeit geben, dass man zum Gebet oder zur persönlichen Andacht, zum Hören der Orgel, einfach mal wieder in die Kirche hineinkann.

Den Gottesdiensten gibt es erst mal nicht. Sonntags um 10:00 Uhr läuten die Glocken. Die läuten zwar und rufen die Menschen, aber es kommt keiner, oder?

Dahlhaus: Sie rufen da zum Telefongottesdient. Der ist auch um 10:00 Uhr morgens. Dort kann man sich einwählen – zum Ortstarif. Die Gelegenheit wird auch genutzt. Wir haben in der Regel zwischen über 20 und über 40 Anschlüsse, die sich einwählen. Manchmal mit mehreren Personen dort hinter. Das ist etwas, was von Familien, aber auch viel von älteren Menschen genutzt, die sich jetzt nicht in die Kirche trauen. Zum Teil nutzen das Angebot Menschen, die durch die Pflege des Partners z.B. gar nicht in die Kirchen kommen können. Das wird sehr dankbar angenommen.

Jetzt laden Sie aber auch am Samstag, von 17:00 Uhr bis 19:00 Uhr ein. Was erwartet die Menschen in der Kirche?

Dahlhaus: Erst mal ist es eine offene Zeit. Offene Kirche heißt, es gibt kein festes Programm. Es gibt zwischendurch Musik. Wir sagen aber extra nicht im Vorfeld, wann damit nicht alle zu einer bestimmten Zeit kommen, sondern sich auf die Zeit von 17 bis 19 Uhr verteilen. Wir werden aber immer wieder musikalische Einsprengsel haben und versuchen so im Laufe der kommenden Wochen da auch inhaltlich noch weiter im Angebot was zu machen. Angedacht ist z. B., dass wir wahrscheinlich so ab Ende Juli mit Abendgebeten beginnen werden. Eine ganz kleine gottesdienstliche Form. Das muss sich erst entwickeln. Wir lernen aus den Erfahrungen dieser Wochen, was man vielleicht noch regeln kann und muss.

Jetzt ist es so, dass man früher in die Kirche kommen muss, weil diese ganze Maßnahme – einzel Eintreten, Abstand halten, Hände desinfizieren – das dauert.

Dahlhaus: Wenn wir wieder die Kirche für Gottesdienste öffnen können, dann wird es bei uns so sein, dass man sich dafür anmelden muss. Damit wir einen Überblick haben, wenn es jetzt ganz viele sind, dann kann man gucken, ob man vielleicht zusätzliche Angebote machen muss. Damit nicht auf einmal hier 40 Leute stehen, wo wir 22 einlassen könnten, dann müssten wir Menschen wegschicken, versuchen wir das mit Anmeldung im Vorfeld zu klären. Wenn dann mal jemand kommt und es ist noch Platz, dann kann man die noch reinlassen aber grundsätzlich gilt das System halt mit Anmeldung.

Wo würde ich mich dann anmelden? Im Pfarrbüro?

Dahlhaus: Im Pfarrbüro oder über E-Mail auch gerne bei mir.

Sie haben während der Corona-Zeiten die Stockumer mir einem Gemeindebrief häufiger als sonst informiert, eine Zeitlang sogar täglich. Nach über 50 Ausgaben, wird das Angebot reduziert.

Dahlhaus: Am Anfang, in den ersten sieben Wochen, habe ich das täglich gemacht. Seit der 50. Ausgabe bin ich auf dreimal die Woche umgestiegen. Die Ausgabe am Samstag ist immer die Ausgabe, für den Telefongottesdienst oder wenn man zu Hause für sich die Andacht mit der Predigt feiern will. Das wird es aber weiterhin geben. Die drei Ausgaben – bis auf meine Urlaubszeit – da gibt’s dann nur eine Wochenendausgabe, die kann ich nämlich vorbereiten.

Jetzt sprechen sie vom Urlaub. Das ist doch etwas Angenehmes. Kann man überhaupt während Corona Zeiten in Urlaub fahren?

Dahlhaus: Ich merke, dass ich das mittlerweile brauche – ein bisschen Tapetenwechsel. Darauf freue ich mich. Wir bleiben sowieso in Deutschland. Das war von vornherein so geplant. Wir werden in der tiefsten Pampa sein – in Schleswig-Holstein auf einem Bauernhof. Isolierter kann es nicht sein.

Werden Sie in der Zeit vertreten werden?

Dahlhaus: Die Vertretung übernimmt Pfarrer Carsten Griese. Das wird momentan entwickelt. Wir sind ja ein Kooperationsraum zusammen mit Rüdinghausen und Annen.

Also nicht mehr nur Stockumer allein.

Dahlhaus: Wir sind eine eigenständige Kirchengemeinde, aber wir sind gleichzeitig auch Teil eines Kooperationsraumes, in dem man sich gegenseitig unterstützt. Das betrifft zum Beispiel Vertretung bei Urlauben oder Krankheitsfällen und eben dann auch Vertretung zum Beispiel für Gottesdienste. Wir werden versuchen im Sommer – da steht der Beschluss noch aus – im Kooperationsraum möglichst nur einen Gottesdienst am Sonntag anzubieten. Wenn es möglich ist auch Open Air und so die Kräfte ein bisschen zu bündeln. Wenn sie in Rüdinghausen mit zehn und in Annen vielleicht mit 20 – 30 feiern und in Stockum im Sommer manchmal auch mit unter 20, dann ist das schade. Wenn das dann 2 – 3 Leute tun müssen und so können wir die Kräfte ein bisschen bündeln und man erlebt ein bisschen mehr Gemeinschaft.

Wenn es so sein wird, dass wir das gemeinsam mit den anderen in den Sommerferien machen, dann wird es vor allem in Annen und Rüdinghausen sein, weil dort die Kirchen und Gemeindehäuser etwas mehr Leute fassen. Mit 22 Leuten, minus 6 Leute die sie als Personal brauchen – Kirchenmusikerin, Pfarrerin, vier Hygienescouts – dann hätten wir nur Platz für 16 Menschen. Das ist ein bisschen wenig und deswegen gibt es eben dann im Kooperationsraum Sonntagsgottesdienst und zusätzlich werde ich den Telefon Gottesdienst sogar in meinem Urlaub vom Urlaubsort machen, dass man auch weiterhin am Telefon mit mir feiern kann.

Sie haben viele Gemeindemitglieder nicht mehr gesehen, nur vielleicht übers Telefon gehört. Was wünschen Sie denn?

Dahlhaus: Zuerst natürlich, dass sie gesund bleiben. Ich wünsch mir, dass sie unsere Gemeinde so erleben, dass wir uns kümmern. Wir haben ganz viel getan, nicht nur das Telefon, wir haben Familien angeschrieben. Wir haben alle ehrenamtlichen angeschrieben. Wir haben die Trainees an den Start gebracht und ein Video für unsere Nichtkonfirmanden gemacht. Mir ist wichtig, dass sie merken, wir denken an sie und dass wir vielleicht die Freude erhalten können, dass wenn es mal wieder möglich ist, wir uns dann hier wiedersehen. Das würde ich mir wünschen – dass man sich eben nicht alleine fühlen muss in der Wohnung, auch wenn man sich ein bisschen isolieren muss wegen Corona.

Aletta Dahlhaus danke für das Interview

Dahlhaus: Gerne.