Witten – Die Stadt Witten blickt auf eine jahrhundertealte Tradition zurück: den Jahrmarkt, der bereits 1838 in der Innenstadt gefeiert wurde. Damals zog das Volksfest Menschen aus allen Bevölkerungsschichten an und gilt als eines der bedeutendsten regionalen Ereignisse seiner Zeit. Heute erinnert die sogenannte Zwiebelkirmes noch an diesen historischen Brauch.
Der Jahrmarkt 1838: Ein Fest für Jung und Alt
Am 7. September 1838 war es soweit: der große Jahrmarkt in Witten öffnete seine Tore. Ursprünglich als Ägidienkirmes bekannt, begann das Fest jährlich am Freitag nach dem 1. September und dauerte traditionell drei Tage. Die Straßen zwischen Kornmarkt und dem heutigen Humboldtplatz verwandelten sich in ein buntes Treiben voller Menschen, Tiere und Attraktionen.
Die Besucher erlebten ein einzigartiges Spektakel: Das Brüllen der Rinder, das Blöken der Hammel und das Geschnatter der Gänse verschmolzen mit dem Lachen und Schreien der fröhlichen Menge. Schaubuden und Zelte luden zum Staunen ein – vom „billigen Jakob“ über die „Riesendame“ bis zu den „Liliputanern aus dem Märchenland“. Überall duftete es nach frischen Waffeln und Brezeln.
Tragisches Fährunglück überschattet den Jahrmarkt
Der Rückweg nach Hause endete für viele Besucher tragisch: Die beiden Ruhrfähren nach Bommern waren überfüllt, und ein unruhiges Schweinchen löste Panik aus. Der große Fährkahn kippte und sank, mehr als 100 Menschen kamen zwischen den beladenen Karren in die Fluten. Unter den Opfern war auch Constanz Wilhelm Hueck, Bürgermeister von Volmarstein, der bereits fünf Menschen gerettet hatte. Heute erinnert sein Grabstein in Wengern an das Unglück.
Ungebrochene Tradition bis heute
Trotz Katastrophen wie Cholera, Ruhrbesetzung, Inflation oder Kriegszerstörungen hat sich der Jahrmarkt in Witten nie unterkriegen lassen. Die Zwiebelkirmes, die ihren Namen nach dem Hauptangebot in der zweiten Hälfte des 20. Jahrhunderts erhielt, zieht bis heute zahlreiche Besucher aus der gesamten Region an. Die Kirmes verbindet dabei historische Tradition mit modernem Volksfestcharakter und bleibt ein fester Bestandteil des Wittener Kulturlebens.
Historische Quellen und Rückblicke
Die Ereignisse rund um den Jahrmarkt 1838 sind dokumentiert in historischen Zeitungen wie der Elberfelder Zeitung und der Westfälischen Rundschau sowie in der Literatur, etwa in Friedrich Thörners „Lebensbilder rund um Wetter und das Ruhrtal“. Auch Fotos aus dem Nachkriegs-Witten zeigen, wie die Zwiebelkirmes trotz schwieriger Umstände gefeiert wurde.
Fazit
Der Jahrmarkt in Witten ist mehr als ein Volksfest – er ist ein Stück lebendige Geschichte, das Tradition, Kultur und Gemeinschaft verbindet. Wer die Zwiebelkirmes in Witten besucht, taucht ein in Jahrhunderte voller Geschichten, Farben und Düfte und erlebt ein Fest, das weit über die Stadtgrenzen hinaus bekannt ist.
Podcast zur Stadtgeschichte
Mehr zur Stadtgeschichte im Podcast von Kerstin Glathe und Ralph Klein auf www.breddeviertel.de