Witten. Mit dem neuen Regionalplan Ruhr will der Regionalverband Ruhr (RVR) das Ruhrgebiet fit machen für die nächsten 15-20 Jahre. In den Regionalplan wurden neue Gewerbe- und Siedlungsflächen eingezeichnet. In Stockum soll nach den Plänen des RVR auf den Feldern zwischen der Autobahn A 44, der Pferdebachstraße und der Stockumer Straße ein Gewerbegebiet entstehen. Die Reaktion der Wittener Parteien fallen unterschiedlich aus, während sich die CDU und SPD Ortsvereine Stockum gegen das Gewerbegebiet aussprechen, haben sich die Fraktionen der beiden Parteien im Rat nicht eindeutig positioniert. Anders die Wittener Grünen. In ihrer Pressemitteilung lehnt die Wittener Grünen-Fraktion das Gewerbegebiet ab.
stockum.de erreichte heute die Pressemittelung von Jan Richter, dem stellvertretenden Fraktionsvorsitzenden der Grünen Witten, die wir unverändert hier veröffentlichen:
„Wie schon in der 2014 geführten Diskussion zu interkommunalen Gewerbegebieten lehnen die Wittener Grünen ein neues Gewerbegebiet an der Pferdebachstraße (Vöckenberg) ausdrücklich ab. Dafür gibt es folgende Gründe:
- Im aktuellen Zustand leisten die Flächen als Frischluftschneise einen wichtigen Beitrag zum Innenstadtklima. Der letzte Regionalplan hat dies eindeutig ausgewiesen – der Entwurf des neuen Plans geht an dieser Stelle in die vollkommen falsche Richtung. Der Klimawandel wird immer häufiger zu extremen Wettersituationen wie langanhaltenden Hitzeperioden führen, einen Vorgeschmack haben wir im Jahr 2018 erhalten. Um die Gesundheit vor allem der besonders unter extremen Hitzeperioden leidenden Kindern, kranken und alten Menschen in der Innenstadt zu schützen, müssen Frischluftschneisen wie die aus Stockum erhalten bleiben. Darüber hinaus drohen im Zuge des Klimawandels verstärkt sogenannte Starkregenereignisse. Werden die abschüssigen Flächen von Stockum Richtung Innenstadt versiegelt, drohen zudem Überflutungen im Bereich Bebbelsdorf.
- Viel sinnvoller als der Verbrauch von Naturflächen ist die Reaktivierung von Brachen. Mit den Flächen „Drei Könige“ und „Ehemalige Thyssenflächen Annen“ sind hier in Witten bereits zwei Flächen in der Entwicklung. Viele weitere Flächen sind für eher „ruhige“ Gewerbe vorgesehen, so etwa an der Rosi-Wolfstein-Straße. Rund um Witten sind zudem umfangreiche Flächen verfügbar (etwa die Bochumer Opelflächen und Phoenix West in Dortmund) – in einer Region wie dem Ruhrgebiet darf das Denken nicht an der Stadtgrenze aufhören. Warum in Witten neue Gewerbeflächen schaffen, wenn sie wenige Kilometer weiter leer stehen? Viele Wittener Unternehmen verfügen zudem über ungenutzte Erweiterungsflächen und auch über die Möglichkeit, „in die Höhe“ zu erweitern. Dass dann und wann Unternehmen Witten verlassen (die häufig zuvor aus anderen Städten übergesiedelt sind), wird sich am Ende nicht vermeiden lassen. Wichtig ist, dass die Arbeitsplätze in der Region erhalten bleiben.
- Witten muss sich stärker auf die Steuerung seines Branchenmixes konzentrieren. Unsere Stadt weist im Gegensatz zu den Nachbarstädten einen deutlich überproportionalen Anteil an Beschäftigten in produzierenden Betrieben auf – rund 35%, während es z.B. in Bochum und Herne nur 23%, in Dortmund 18% sind. Hochwertige Dienstleistungen –etwa in der IT oder bei Ingenieurdienstleistungen- verbrauchen deutlich weniger Fläche und bieten auch denjenigen jungen Menschen eine berufliche Perspektive, die ihre Zukunft nicht im verarbeitenden Gewerbe sehen. Hierfür gilt es attraktive Standorte, etwa mit starker Breitbandanbindung, zu schaffen. Das Märchen, nur Industriejobs würden gut bezahlt, glaubt zum Beispiel im reichen Bayern (nur 25% der Beschäftigten arbeiten dort im verarbeitenden Gewerbe) niemand mehr.
- Die von der Geländestruktur her überhaupt denkbaren Flächen für neue Gewerbe in Witten sind nur noch sehr überschaubar. Weite Teile des südlichen Stadtgebietes sind grundsätzlich nicht geeignet, die im Norden bereits dicht bebaut. Mit den wenigen verbleibenden Flächen müssen wir sehr sorgfältig umgehen – will sich Witten seinen Charakter als Stadt mit Grünflächen, in der man gerne lebt, erhalten. Das gilt auch für Stockum mit seinem besonders dörflichen Charakter.“