Witten. Lars König, scheidender Bürgermeister von Witten, zieht nach fünf Jahren Amtszeit ein Resümee über seine Arbeit, den Wahlkampf und die Herausforderungen, denen er sich in seiner Zeit im Rathaus stellen musste. In einem offenen Gespräch mit Antenne Witten spricht König über politische Verantwortung, Erfolge in der Stadtentwicklung, seine Haltung während der Stichwahl und seine Pläne nach dem Ausscheiden aus dem Amt. Dabei gibt er Einblicke in die Besonderheiten des Bürgermeisteramts und die Realität hinter Wahlkampf und Verwaltung.
Antenne Witten:
Lars König, in der Stichwahl nur ein Drittel der Stimmen geholt. Wie geht es Ihnen damit?
Lars König:
Ja, ich bin nicht wirklich überrascht nach dem Wahlergebnis vor 14 Tagen. Die CDU lag bei 22 %, die FDP hat unterstützt – herzlichen Dank dafür – aber zusammen waren das dann 25 %. Das linke Lager hatte 52–53 %, und das sehen wir jetzt auch bei der Stichwahl. Das Zwei-zu-Eins-Verhältnis hat sich dann realisiert.
Antenne Witten: Wenn man 14 Tage schon weiß, dass die Konkurrenz vorne liegt, entwickelt man dann langsam einen Plan B?
Lars König: Nein, Plan B ist die völlig falsche Haltung. Man muss Dinge aus Überzeugung tun. Ich war fünf Jahre aus Überzeugung Bürgermeister. Ich bin das auch noch im Oktober, und mit einem Plan B hätte ich mich persönlich nicht wohlgefühlt. Man muss sich mit dem, was man tut, voll identifizieren, alles in die Waagschale werfen, und das habe ich gemacht.
Antenne Witten: Noch ein Monat, dann bleiben Sie Bürgermeister – und dann?
Lars König: Das „und dann“ wird sich klären. Da bin ich ganz locker. Jetzt geht es erst einmal – und das war auch schon 2024 so geplant und abgestimmt mit dem ersten Beigeordneten – in der nächsten Woche 14 Tage in den Urlaub. Denn unabhängig vom Wahlausgang, nach einigen Monaten sehr intensiven Wahlkampfs und im Gegensatz zur Konkurrenz, habe ich auch eine Verwaltung mit 1.500 Mitarbeitenden geführt und nicht viel Freizeit gehabt. Da ist eine Pause dringend erforderlich.
Antenne Witten: Ist das tatsächlich das Problem eines Bürgermeisters, dass er den Job behält, den Wahlkampf führen und die Menschen überzeugen muss? Doppelte Belastung im Vergleich zu jemandem, der sich Urlaub nehmen kann?
Lars König: Ja, das spielt sicherlich auch eine Rolle, zumindest sieht man es auf Bildern, wenn man selbst drauf guckt. Wenn man 12–14 Stunden am Tag arbeitet oder ob man entspannt und ausgeschlafen in den Tag geht und ein paar lockere Gespräche führt. Ich glaube aber, das Wesentliche ist: Ein Bürgermeister hat die Verantwortung für die Stadt und wird auch an dieser Verantwortung gemessen. Ein Wettbewerber, der noch nie irgendetwas im Bereich der Politik gemacht hat, geschweige denn ein Führungsamt ausgefüllt, hat eine ganz andere Ausgangssituation, weil er nur in Aussicht stellt, was er alles Gutes bewegen möchte. Ein Bürgermeister wird an der Realität gemessen.
Antenne Witten: Wie fanden Sie den Wahlkampf? War er fair? Darüber haben wir uns vor 14 Tagen schon unterhalten.
Lars König: Ich glaube, ich habe mir persönlich nichts vorzuwerfen. Ich habe auch viel Wert daraufgelegt, dass die CDU und auch die Jüngeren, die eher dazu neigen, etwas pointierter zu formulieren, sich sehr zurückhalten und wir fairen Wahlkampf mit Haltung und Anstand führen. Umgekehrt – gerade wer den Social-Media-Wahlkampf der letzten Wochen gesehen hat – würde ich sagen, möge sich jeder eine Meinung darüber bilden, ob die Wettbewerber immer diesen Anstand und diese Fairness gewahrt haben.
Antenne Witten: Jetzt schauen wir fünf Jahre zurück, fünf harte Jahre mit Corona, mit Hochwasser, mit dem Cyberangriff auf das Rathaus. Was soll von dem, was Sie in fünf Jahren für Witten geleistet haben, in Erinnerung bleiben?
Lars König: Nun, ich habe – bis auf die letzten Meter jetzt – wollen wir schauen, ob wir Ende Oktober schon im Wesentlichen durch sind: Das Bildungsquartier in Annen ist realisiert, ich habe den Neubau des Hallenbads auf den Weg gebracht. Die eine Sporthalle wird Ende des Jahres fertig, die anderen im Vormholz, da kann man täglich beim Wachsen zugucken. Die Pferdebachstraße ist ausgesprochen schön geworden. Planung und Beginn der Ausführung lagen lange vor meiner Amtszeit, aber diese hochkomplexe und schwierige Baumaßnahme zu einem guten Ende geführt zu haben, wird den Menschen sicherlich in Erinnerung bleiben. Mir persönlich sind die Fortschritte im Bereich Kinder und Jugend sehr wichtig, dazu gehört der Ausbau der Kitaplätze – über 300 mehr als zu Beginn meiner Amtszeit. Dazu gehört das Kinder- und Jugendbüro „Eckpunkt“ hier am Kornmarkt. Da sind viele Dinge, und ich glaube, die Menschen werden sich daran erinnern.
Antenne Witten: Jetzt haben Sie gesagt, viele Sachen sind von Ihrer Vorgängerin auf den Weg gebracht worden und umgesetzt worden. Was haben Sie denn selbst auf den Weg gebracht? Wovon wird Ihr Nachfolger profitieren, weil Sie es angestoßen haben?
Lars König: Erstmal habe ich das nicht gesagt, lieber Herr Schirmer. Ja, ich habe mich nur auf das Ausbildungsquartier bezogen, und auf die Pferdebachstraße – da sind sehr lange Maßnahmen. Das ist auch der Grund, warum Rheinland-Pfalz beispielsweise Bürgermeister zehn Jahre im Amt sind, weil viele Maßnahmen deutlich länger dauern: von der ersten Idee über Planung, Ausführung bis zur Fertigstellung, länger als fünf Jahre. Nordrhein-Westfalen müsste darüber auch noch einmal nachdenken. Wir hatten das in den Nuller-Jahren schon unter Armin Laschet. Da wurde einmalig die Amtsperiode der Bürgermeister verlängert. Die rot-grüne Regierung hat das im Anschluss wieder kassiert. Ich halte das für einen systematischen Fehler.
Ja, und wovon wird mein Nachfolger profitieren? Sicherlich von der Entwicklung der dritten Gesamtschule. Ich hätte sie gerne selbst realisiert. Ich habe den Schülerinnen und Schülern versprochen, die zuerst dort eingeschult worden sind, dass sie das Abitur dann auf dem geplanten Dachgarten feiern können – oder zumindest in der neugebauten, fertiggestellten Schule. Die größte Infrastrukturmaßnahme in den nächsten Jahren – die Sprockhöveler Straße – die Baumaßnahmen laufen, sie werden sich bis 2030 erstrecken. Wir sind bei den Herbeder Brücken Abzweig-Planung, Lakebrücke deutlich vorangekommen. Auch das wird er realisieren müssen. Es gibt so viel.
Antenne Witten: Herr König, wo sehen wir Sie in der Politik demnächst? Also nach den nächsten Wahlen?
Lars König: Spannende Frage, Herr Schirmer. Nach den Wahlen entscheiden grundsätzlich die Menschen und nicht man selbst. Das ist das eine. Ich habe jetzt …
Antenne Witten: Sie können ja kandidieren, wenn es wieder Wahlen gibt – für irgendein Amt. Haben Sie das vor?
Lars König: Ja, genauso wie Sie könnte ich das auch. Ich habe jetzt 25 Jahre – 20 Jahre im Ehrenamt, die letzten fünf Jahre im Hauptamt – sehr engagiert, mit viel Zeitaufwand und mit großem Verzicht auf persönliche Freiheit und Freizeit Politik in dieser Stadt gemacht. Jetzt bin ich ab dem 31. Oktober zunächst einmal Privatier. Ich habe seit fünf Jahren auch keine Parteiämter, und alles andere wird sich in den nächsten Monaten fügen.
Antenne Witten: Ja, dann alles Gute und Tolles für Ihr weiteres Leben. Vielen Dank für das Interview.
Lars König: Ja, ich sage herzlichen Dank.
Antenne Witten: Danke.