Ende Juli 2015 wurden die Namen aller Wittener Bewerber für das Bürgermeisteramt von der Stadt Witten bekannt gegeben. Die Redaktion von stockum.de hat alle Bewerber angeschrieben und gebeten fünf Aussagen zu ergänzen, um ihre Pläne für unseren Stadtteil zu erfahren. Vier Kandidaten beantworteten die Anfrage per E-Mail. Wir haben die Texte unverändert übernommen.
Das wichtigste Ziel während meiner Amtszeit wird sein …
Im Vergleich zu benachbarten Städten und Gemeinden fällt Witten immer weiter zurück und läuft Gefahr, den Anschluss vollends zu verlieren. Bedingt durch die seit Jahren schwelenden parteipolitischen und personellen Reibereien im Rathaus ziehen Rat und Verwaltung nicht an einem Strang. Im Gegenteil: Schon innerhalb der Verwaltung fehlt es an Geschlossenheit, an dem Willen und dem Mut, wohl auch an der Kompetenz, der Stadt die Impulse zu geben, die sie braucht, um sich in Zukunft als lebenswerte und fortschrittliche Kommune zu behaupten. Diese Impulse werde ich einbringen.
Ich werde den Verweilwunsch in der Innenstadt und den Stadtteilzentren beleben und damit den lokalen Einzelhandel stärken, ich werde im Austausch mit Erkenntnissen der wissenschaftlichen Stadtentwicklungsforschung ein modernes Stadtmanagement etablieren, ich werde die desolate Finanzlage konsequent angehen, mit klaren Prioritäten für das Notwendige, mit Zurückstellungen für das Wünschenswerte und mit innovativen Finanzierungsmodellen für Wesentliche. Witten wird wieder die Stadt an der Ruhr werden, die sich ihrer Bürgerinnen und Bürger annimmt, in der sich alle, die hier leben, wohl und ernstgenommen fühlen.
Die Transparenz meiner Arbeit im Rat werde ich mit diesen Mitteln herstellen …
Die Beschlüsse und Anregungen von Bürgerkonferenzen, am großen Tisch für die gesamte Stadt, an kleineren Tischen für die Stadtteile, werden wesentliche Bausteine meiner Arbeit sein. Ich werde die Bürgerschaft und die Verwaltung digital vernetzen. Z. B. werde ich dafür sorgen, dass vergebliche Versuche, eine Ansprechperson in der Verwaltung zu erreichen, unterbleiben. Per Internet bzw. Smartphone wird es möglich sein, vorab anzufragen, wer im Rathaus wann erreichbar ist.
Ausschreibungen, Angebote und die Kriterien einer Auswahl bzw. Vergabe werden bei allen städtischen Aufträgen offengelegt. Ebenso Verstrickungen und Beteiligungen der verantwortlichen Entscheider, um Interessenskollisionen mit dem Anspruch der Bürgerinnen und Bürger auf effiziente Verwendung ihrer Abgaben zu gewährleisten. Alles politische und verwalterische Handeln muss dem Gemeinwohl dienen.
Während meiner Amtszeit strebe ich folgende Änderungen in Stockum an:
Auch Stockum braucht eine attraktive Mitte als Begegnungsraum für das Beschaffen des täglichen Bedarfs, für Gespräche, für Wohlbefinden. Auch in Stockum müssen die Anliegen der Bürgerinnen und Bürger wieder Vorrang haben vor abstrakten Interessen der Wirtschaft oder der Verkehrsplanung. Mit einer besseren Anbindung an die Innenstadt und ihren gesellschaftlichen und kulturellen Angeboten muss auch Stockum als attraktiver Wohn- und Lebensraum erhalten und gestärkt werden. Bezahlbares Bauland für junge Familien, attraktive Wohnangebote für Beschäftigte der umliegenden Universitäten, entsprechende Angebote von lokalen Einzelhändlern und Gastronomiebetreibern, ich sehe Stockum als Wohnzimmer in der Mitte der Hausgemeinschaft Witten/Bochum/Dortmund.
Der Schaffung eines neuen Industriegebietes im Vöckenberg begrüße ich [überhaupt nicht] …
Gewerbegebiete sind manchmal notwendig, um das wirtschaftliche Überleben einer Stadt zu gewährleisten. Wenn sie angenommen werden. Wenn ein Bedarf erkennbar ist. Wenn sie denn eingebunden sind in ein gesamtstädtisches Konzept und eine gesamtstädtische Strategie. Welche Unternehmen, welche Betriebe sollen sich dort ansiedeln? Welche mittel- und langfristigen Perspektiven (Branche, Umsätze, Arbeitsplätze etc.) bringen sie mit? Wie sieht die Bilanz von städtischen Vorleistungen zu den zu erwartenden Einnahmen (Gewerbesteuern) aus? Nicht zuletzt ein zunehmender interkommunaler Abgleich und eine interkommunale Zusammenarbeit spielen bei solchen Festlegungen eine wichtige Rolle. Allen Entscheidungen voran steht die Frage, trägt ein Gewerbegebiet zum Allgemeinwohl bei. Denkbar wären schließlich auch andere Entwicklungsstraßen einer Stadt, in Richtung einer Dienstleistungs-, einer Bildungs- oder Kulturmetropole zum Beispiel. Dann spielten Gewerbegebiete eine eher untergeordnete Rolle.
Ich bewerbe mich um das Bürgermeisteramt, weil …
Als Journalist, zuletzt bei der Frankfurter Rundschau, sind mir viele kuriose, spannende, manchmal abenteuerliche Menschen, Unternehmen und Verwaltungen begegnet. Ich habe berichtet, Zahlen gesammelt, ausgewertet, in größere Zusammenhänge eingeordnet. So etwas wie das politische und administrative Handeln der Verantwortlichen in Witten war nicht dabei.
Ich bin vor 50 Jahren nach Witten gekommen, bin hier gewachsen, zur Schule gegangen, heimisch geworden. Witten ist wunderbar; herzliche, offene, bodenständige Menschen, eine kraftvolle Mischung aus Industriekultur und Natur- und Freizeiterlebnis. Vor dem Hintergrund der verfahrenen personellen und politischen Lage im Rathaus sehe ich Witten in größter Gefahr, das alles unter den Lasten einer extrem verkorksten Finanzpolitik aufs Spiel zu setzen. Dem muss ich mich entgegenstellen. Das bin ich den Mitbürgerinnen und Mitbürgern schuldig, die mich fast mein ganzes Erwachsenenleben lang begleitet und bereichert haben.