Heimatstübchen entstaubt: Heimatfreunde weihen ihr Stadtteilarchiv festlich ein

Witten-Stockum. Seit 25 Jahren sind die Heimatfreunde Stockum/Düren in ihrem Stadtteil aktiv und um die Bewahrung der Geschichte bemüht. Ihre Veranstaltungen machten Sie bis jetzt immer in einem Schaukasten in der Ortsmitte bekannt. In ihrer Freizeit haben die Heimatfreunde ihr Archiv zu einer neuen Anlaufstelle für interessierte Bürger umgewandelt, um ihre Präsenz im Stadtteil zu steigern. „Wir hoffen dass die Heimatstube bekannter wird und wir Besuch bekommen, damit wir den Leuten auch etwas zur Geschichte Stockums erzählen können“, sagt der Vereinsvorsitzende Wolfgang Lippert. Am Donnerstag (30.4.) wurde die Anlaufstelle feierlich mit anderen Wittener Heimatvereinen eingeweiht. Seit Mai findet donnerstags von 15 bis 17 Uhr eine Sprechstunde im ehemaligen Ladenlokal an der Hörder Straße 367 statt.

Heimatstube Stockum 2015

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Familienerbstücke der Familie Robbert schmücken das Schaufenster der Heimatstube. (Foto: Marek Schirmer)

Die Geschichte des Haues, in dem heute das Heimatarchiv ansässig ist, reicht ins Jahr 1855. Der Schneidermeister Dietrich Roggenkämper erhielt am 13. August eine Baugenehmigung. Das Haus blieb im Familienbesitz. Von 1962 bis 1993 wurden in dem Ladenlokal von Siegtrud Kellerhoff Obst- und Gemüse verkauft. Die Gemüseregalen wichen Schränken mit Archivdokumenten und einen Computerarbeitsplatz. Rund um einem Tisch ist Platz für Besucher.

Das Schaufenster ist mit historischen Geschirr aus dem Familienbesitz von Karoline Robbert geschmückt. Das Porzellan gehörte eins ihrer Mutter und Großmutter. Die ehemalige Sekretärin einer lokalen Zeitungsredaktion sitzt hier regelmäßig am Computer und archiviert für die Heimatfreunde alte Dokumente. Spender müssen sich nicht mehr von ihren alten Dokumente, Fotos und Urkunden trennen. Frau Robbert legt diese kurz auf den Scanner, klickt auf einen Knopf und schon erscheint das Dokument auf dem Bildschirm und ist gespeichert. Schon können die Eigentümer das Dokument erneut an sich nehmen.

Gäste können sich alte Fotos und Luftbilder auf dem Monitor ansehen. Im Archiv befinden sich Fotos von dem ehemaligen Stockumer Bahnhof, dem Schulgebäude in der Gerdesstraße aus dem Jahr 1751, einem Wasserturm auf dem Gerdeshof und der Stockumer Kornmühle, erzählt Robbert.

Früher wurde in Witten-Stockum ein Stockumer Platt gesprochen. In der Familie der gebürtigen Stockumerin sprach man es allerdings nicht, deshalb hatte sie Probleme in der Grundschule. „1953 bin ich hier in Stockum eingeschult worden und hatte ab und zu mit den Lehrern Schwierigkeiten, weil ich kein Stockumer Platt konnte.“ Auch der Vereinsvorsitzender muss bei der Frage nach einem typischen Wort in Stockumer Platt passen. Er selbst kam erst 1978 nach Stockum. Auch beim Heimatnachmittag der Heimatfreunde wird jeden Monat geklönt, allerdings auf Hochdeutsch.

Donnerstags öffnen die Heimatfreunde ihre Türen für Besucher. Eine Besucherfrage könnte lauten, wie alt ist eigentlich Stockum? Viele Stockumer erinnern sich noch an die 1111 Jahrfeier im Jahr 1993. Diese fand bereits vor 22 Jahren statt. Vor 1133 Jahren, also genau im Jahr 882 wurde Stockum in der Werdener Urbar erwähnt. Die Urbar ist ein Verzeichnis über Besitzrechte einer Grundherrschaft und beschreibt welche Leistungen ihrer Grunduntertanen erbringen müssen. Doch Stockum muss noch wesentlich älter sein, glaubt Lippert. „Bevor die Sachsen hier gesiedelt haben, sind die Römer vorbeigezogen, die Kelten haben hier gewohnt – das ist urlange her.“ Und auch die Bezeichnung wechselte im Laufe der Jahre. „In der Werdener Urbar wird der Stadtteil noch ‚Stochem‘ bezeichnet.“

„Wir haben 225 Mitglieder, das ist schon eine beachtliche Zahl für einen neugegründeten Verein und wir wollen weiter wachsen“, erzählt Lippert. Viele Menschen kommen zu den Heimatfreunden, wenn sie aus der Erziehung ihrer Kinder heraus sind und dann mehr Zeit haben. Dann interessieren sie sich für ihren Stadtteil, weiß der Wahlstockumer. Vor etwa 22 Jahren ist er auf einem Sommerfest von dem Gründungsvorsitzenden Ernst Borttscheller für den Verein begeistert worden und trat ein. Heute spricht Lippert selber Menschen an.

Die Heimatfreunde Stockum/Düren organisieren regelmäßig Veranstaltungen in ihren Stadtteilen. Ende April gab es unter der Leitung von Heinrich-Wilhelm Düren die zweite historische Wanderung auf der Hörder Straße von der Sparkasse bis zur Stadtgrenze Dortmund. Dabei wurden die Häuser und Höfe, die dort eins standen historischen betrachtet, erzählt der Vereinsvorsitzender.

Gemeinsam mit den HLANZ-Freunden Ruhrgebiet organisieren die Heimatfreunde im jährlichen Wechsel das Showpflügen auf dem Vöckenberg und den Dreschtag auf dem Hof von Frau Bangert. „Wir haben die Möglichkeit eine alte Dreschmaschine von 1948 – die hervorragend restauriert ist – mit Gaben zu befüllen und nach althergebrachter Art zu dreschen. Die Leute kommen dann von weiter her, weil es heute so etwas nicht mehr zu sehen gibt“, erklärt Lippert. „Das Pflügen findet dieses Jahr auf dem Vöckenberg mit historischen und gutrestaurierten Lanz-, Hanomag- und Porsche Trecker statt. So um die 80 bis 90 Oldtimer-Trecker werden dort zusehen sein. Es wird auch mit alten Pflügen dort ein Feld umgepflügt. Das sieht auch anders aus, als es heute mit den modernen Geräten passiert. Man kann erstmal sehen, welche Geschicklichkeit die Landwirte früher an den Tag legen mussten, um eine ordentliche Fahrt hinzukriegen.“ Sollte das Wetter mitspielen sind alle eingeladen am 6. September zum Vöckenberg zu kommen. 

Die Heimatfreunde organisieren auch Vorträge und laden Gäste dazu ein und besuchen Stockumer und angrenzende Firmen. Die Vergärungsanlage im Bebbelsdorf und ein neues Unternehmen in Stockum stehen auf der Wunschliste. Sie beteiligen sich auch an Ausstellungen, um ihren Stadtteil und seine Geschichte auch außerhalb Stockums und Dürens bekannter zu machen.

Die Heimatfreunde wurden auch ein Teil der europäischen Kulturhauptstadt „Ruhr 2010“ und organisierten für Stockum ein Schachtzeichen. An der Stelle des Schachtes Theodor der ehemaligen Zechen Walfisch gab es an der Wilhelmshöhe nicht nur einen gelben Ballon, sondern täglich 10 Tage lang ein buntes Programm in Zusammenarbeit mit den Stockumer Vereinen und Kirchen. Stolz ist Lippert einen Sponsor gefunden zu haben, der die Aktion unterstützte, denn es fehlte Geld an jeden Schacht im Ruhrgebiet ein Ballon hinzustellen und ohne den Einsatz des Vereins wäre Stockum leer ausgegangen.

„Stockum 2000“ und die 1111 Jahrfeier Stockums sind nur einige Veranstaltungen mit der Beteiligung der Heimatfreund, die unbedingt erwähnt werden müssen. Bei beiden Veranstaltungen wurde die Hörder Straße für mehre Tage für den Durchgangsverkehr gesperrt.

Das Interview mit Karoline Robbert und Wolfgang Lippert können Sie sich im Medienplayer anhören.